Wenn man mit einem kleinen Boot unterwegs ist, hat man immer wieder mit Wellen zu kämpfen, die von anderen - nicht unbedingt größeren - Booten verursacht werden. Beobachtet man die Wellen genauer, stellt man schnell fest, dass sie nicht von großen Fahrgastschiffen oder Lastkähnen verursacht werden, sondern von kleineren Booten, die mit unangepasster Geschwindigkeit durch's Wasser pflügen. Diese Freizeitkapitäne wissen offensichtlich nichts über den Begriff "Rumpfgeschwindigkeit".
Verdraenger

Der Verdränger:
Im allgemeinen bezeichnet man mit Rumpf- geschwindigkeit die größtmögliche Geschwindigkeit, welche noch in Verdrängerfahrt erreicht werden kann. Mit steigender Geschwindigkeit erhöht sich die erzeugte Wellenlänge, gleichzeitig rückt die Heckwelle näher an die Bugwelle heran. Wenn dann Bug- und Heckwelle miteinander verschmelzen, richtet sich das Boot steil auf, der Fahrwiderstand nimmt sehr stark zu. Daher sind kurze Boote hier stark im Nachteil, aber auch das Verhältnis von Länge zur Breite und der Tiefgang haben Einfluß. Eine einfache Berechnung kann nach folgender Formel erfolgen: V = 4,5 x Wurzel(LWL) ; darin bedeuten LWL = Länge der Wasserlinie in Metern, V = Geschwindigkeit in km/h . Der Koeffizient 4,5 ist ein Mittelwert. Für schlanke tiefgehende Boote kann er auf 5 bis 5,5 erhöht werden. Flachgehende kurze Gleitboote (Verhältnis Länge zu Breite < 3) laufen schlechter und man sollte nur einen Wert von etwa 4 annehmen. "Länge läuft" - ist eine alte Weisheit unter Wassersportlern!

Gleiter
Der Gleiter:
Bevor unser Boot eine Geschwindigkeit erreicht, bei welcher es gleitet, gibt es ein Problem. Es erzeugt nämlich bei niedriger Geschwindigkeit als Verdränger eine größere Welle und diese türmt sich als Hindernis vor dem Bug auf. Ist der Rumpf flach genug, kann mit einem kräftigen Motorschub dieser "Berg" überwunden werden. Der Vorgang hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Durchbrechen der Schallmauer beim Flugzeug. So kommt es schließlich über den "Berg". Danach gleitet es mit wenig Widerstand über das Wasser und fährt seine eigenen "Restwelle" davon.

Halbgleiter
Der Halbgleiter:
Es fällt oft recht schwer zwischen Gleiter und Halbgleiter zu unterscheiden. Zum einen wird aus jedem Gleiter ein "Halbgleiter" wenn er überladen oder zu schwach motorisiert ist. In der Bauart gibt es aber doch Unterschiede. Für die Form eines Halbgleiters entschließt sich der Bootsbauer, wenn er eine höhere Nutzlast benötigt und dennoch zumindest für kurze Zeit schneller als die Rumpfgeschwindigkeit fahren will. Dazu wird (mit viel Motorpower) durch die Form des Bugs eine Wasserschicht "abgeschält" und zur Seite geworfen. Der Bootsboden ist meistens glatt und besitzt nur eine geringe V-Kimmung. Wichtiges Merkmal ist aber ein bis zum Heckspiegel konstant abwärts gehender Verlauf. Im Gegensatz dazu steigt bei Verdrängern der Boden Richtung Heck wieder deutlich an, bzw. das Boot wird schmaler.
Halbgleitfahrt ist die unökonomischste Fahrweise, besonders mit einem nicht speziell dafür konstruierten Boot. Sie erzeugt unnötig starke Wellen, und jede Welle enthält Energie, die letzlich aus dem Treibstofftank des Erzeugers kommt! Leider sieht man diese Fahrweise sehr oft auf unseren Gewässern.

Fazit:
Für zügige Verdrängerfahrt ist ein langes (schmales) Boot im Vorteil, für Gleitfahrt ist ein kurzes (breites) Boot besser geeignet, schließlich erreicht es durch die niedrigere Rumpfgeschwindigkeit den Gleitzustand früher. Halbgleitfahrt sollte man tunlichst vermeiden, man schont die Nerven der anderen Wassersportler und seinen eigenen Geldbeutel!


Im folgenden Video sieht man sehr gut die drei Stufen zum Erreichen der Gleitfahrt:
1. Verdrängerfahrt - Das Boot liegt gerade im Wasser.
2. Übergang zu Gleitfahrt - Der Bug richtet sich auf, das Boot will seine eigene Bugwelle überwinden.
3. Gleitfahrt - Die Bugwelle und Heckwelle verschmelzen zu einer Welle, das Boot fährt vor dieser Welle und liegt nahezu flach auf dem Wasser.



Hier sieht man die typische Heckwelle eines gut getrimmten Gleitbootes:
Beim Übergang von der Gleitfahrt zur Verdrängerfahrt sieht man deutlich, wie die eigene Heckwelle das Boot einholt.
Bei kleinen Booten kann sie durchaus von hinten einschlagen - deshalb: Mit einem kurzen Gasstoß der Welle davonfahren! (Beliebte Frage bei der Führerscheinprüfung).